Lieferkettengesetz: HDE fordert umfassende Korrekturen am Gesetzesentwurf
Der Handelsverband Deutschland (HDE) sieht den heute im Kabinett verabschiedeten Entwurf eines Sorgfaltspflichtengesetzes für Unternehmen kritisch. Das Sorgfaltspflichtengesetz definiert erstmals verbindliche menschenrechtliche Sorgfaltspflichten von Unternehmen in der gesamten Lieferkette und in Deutschland.
Der HDE sieht durch dieses nationale Gesetz Wettbewerbsnachteile für deutsche Unternehmen im internationalen Wettbewerb.
„Es ist nicht vermittelbar, warum Unternehmen ohne Hauptniederlassung oder Sitz in Deutschland, trotz intensiver geschäftlicher Aktivität auf dem deutschen Markt vom Anwendungsbereich ausgeschlossen werden. Gleiches gilt für Unternehmen aus Europa und Drittstaaten, die ihre Waren über Plattformen vertreiben“, so HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. Insgesamt sei der Gesetzesentwurf viel zu unbestimmt und führe durch die zahllosen unbestimmten Rechtsbegriffe zu erheblichen Auslegungs- und Anwendungsfragen, vor allem auch im nationalen Arbeitsrecht. „Wir fordern einen klaren Orientierungsrahmen. Die Vorgaben durch Handreichungen und durch die noch zu erarbeitende Rechtsverordnung zu unternehmerischen Sorgfaltspflichten müssen umsetzbar sein und zu Erleichterungen bei Unternehmen führen, keinesfalls aber zusätzliche Anforderungen begründen“, so Genth.
Der HDE setzt sich dafür ein, dass der Anwendungsbereich der Prozessstandschaft, insbesondere die Missbrauchsgefahr, weiter eingegrenzt wird. „Es muss ausgeschlossen werden, dass das neue prozessuale Instrument zur Durchsetzung politisch motivierter Interessen missbraucht wird. Menschenrechtsbezogene Klageverfahren vor deutschen Gerichten und deren mediale Begleitung stellen ein erhebliches Reputationsrisiko und einen enormen Aufwand für die Unternehmen dar“, so Genth weiter. Mit der Verabschiedung des nationalen Gesetzes werde eine internationale, zumindest europäische Regulierung zur Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen unabdingbar.
Der Handelsverband erwartet daher, dass sich die Bundesregierung auf EU-Ebene für eine Regulierung einsetzt, deren Blaupause das nationale Gesetz darstellt und keine weitergehenden Anforderungen an die Unternehmen festschreibt. Das Inkrafttreten des Gesetzes bereits zum 1. Januar 2023 ist nach Einschätzung des HDE viel zu knapp bemessen und wird die Unternehmen vor große Herausforderungen stellen. Auch mit Blick auf die Coronakrise bräuchten die Händler eine ein bis zwei Jahre längere Vorbereitungsphase.