Mindest-Werbepreise: HDE fordert Klarstellung der Europäischen Kommission
Mit Blick auf die in den vergangenen Tagen aufgekommene Debatte über Mindest-Werbepreise warnt der Handelsverband Deutschland (HDE) vor einer falschen Interpretation des EU-Leitlinienentwurfs zur Vertikal-Gruppenfreistellungsverordnung, die den kartellrechtlichen Rahmen für die Beziehungen in der Lieferkette beschreibt.
Zuletzt hatten Interessenvertreter der Industrie mit Verweis auf den Leitlinienentwurf in den Medien die Auffassung vertreten, die Europäische Kommission wolle mit den Leitlinien Mindest-Preisvorgaben für die Werbung des Handels legalisieren. Der HDE hält diese Interpretation für falsch und fordert eine Klarstellung der EU-Kommission.
„Die Regelung in dem Entwurf der Vertikal-Leitlinien zu Mindestpreisrichtlinien stellt keine Ausnahme vom Verbot der direkten oder indirekten Preisbindung der zweiten Hand dar und bietet der Industrie daher auch keine neuen Möglichkeiten, in die Preissetzungsfreiheit des Handels einzugreifen“, stellt Peter Schröder, HDE-Bereichsleiter Recht und Verbraucherpolitik, fest. Dies ergebe sich sowohl aus dem Gesamtzusammenhang, dem Wortlaut der zitierten Randnummer 174 sowie aus der Systematik.
Verbindliche Mindest-Werbepreisvorgaben der Lieferanten würden zu erheblichen Wettbewerbsbeschrän-kungen führen. „Eine Differenzierung zwischen Werbepreisen und tatsächlichen Ladenverkaufspreisen ist lebensfremd, lauterkeitsrechtlich problematisch und in der Praxis nicht umsetzbar“, erläutert Schröder. Faktisch würden Mindestpreise für die Werbung wie eine Preisbindung der zweiten Hand wirken und damit den Preiswettbewerb empfindlich beschränken. Damit könnte die Industrie voraussichtlich ihre Gewinne auf Kosten der Verbraucher verbessern, die mit tendenziell steigenden Preisen konfrontiert würden.
„Die Inflation zieht an, die Verbraucher müssen etwa höhere Mieten sowie Energie- und Kraftstoffpreise zahlen. Wir halten es für schwer vorstellbar, dass die EU-Kommission in einer solchen Situation durch Änderungen der kartellrechtlichen Grundsätze tendenziell steigenden Verbraucherpreisen für Konsumgüter den Weg bereitet und damit der Verbraucherwohlfahrt einen Bärendienst leistet“, so Schröder. Er betont: „Die EU-Kommission will verbindliche Preisvorgaben einschließlich Vorgaben für die Kommunikation der Preise nach unserem Verständnis ebenso wie generelle Preisbindungen der zweiten Hand weiterhin grundsätzlich als Kernbeschränkung verbieten.“ Wegen der aktuellen Debatte, der artikulierten Missverständnisse und der dadurch ausgelösten Rechtsunsicherheit solle die EU-Kommission dies jetzt allerdings in den Leitlinien auch noch ausdrücklich klarstellen.