Tarifrunde im Einzelhandel spitzt sich zu: Arbeitgeber wollen Lösung am Verhandlungstisch
In der laufenden Tarifrunde im Einzelhandel gibt es auch nach mehr als 35 Verhandlungsrunden bundesweit keine Einigung. Die Tarifparteien stehen angesichts der Corona-Pandemie und den in den einzelnen Handelsbranchen sehr unterschiedlichen Auswirkungen vor der schwierigen Aufgabe, der wirtschaftlichen Situation aller Handelsunternehmen gerecht werden zu müssen.
„Wir werden weiter gemeinsam mit ver.di nach einer Lösung am Verhandlungstisch suchen. Aktuell liegen wir aber sowohl hinsichtlich der Struktur als auch der Höhe noch auseinander. Um den Konflikt nicht auf dem Rücken der Beschäftigten auszutragen, haben sich bereits vor über zwei Monaten diverse namhafte Handelsunternehmen auf Empfehlung des HDE zu einer freiwilligen Entgelterhöhung entschlossen“, so HDE-Tarifgeschäftsführer Steven Haarke.
Die Auswirkungen des monatelangen Lockdowns und der Corona-Einschränkungen sind laut HDE für große Teile der Branche nach wie vor deutlich spürbar. Hinzu kommen die erheblichen Zusatzkosten im Einzelhandel für die umfassenden Hygienekonzepte. Der Teil der Branche, der besonders hart von den Auswirkungen der Pandemie betroffen war, müsse deshalb weiter vor zu hohen Kostenbelastungen geschützt werden: „Unser Ziel muss es sein, eine Lösung innerhalb des bestehenden Branchentarifvertrages zu finden. Gleichzeitig muss aber sichergestellt sein, dass der Abschluss nicht große Teile der Branche wirtschaftlich überfordert und am Ende massenhaft Arbeitsplätze in Gefahr geraten“, so Haarke weiter.
Wie fragil die wirtschaftliche Lage ist, zeigt sich auch darin, dass sich die Verbraucherstimmung wegen zuletzt wieder stark ansteigender Infektionszahlen deutlich verschlechtert. So sank das HDE-Konsumbarometer im September bereits den zweiten Monat in Folge. Während die Sparbemühungen der Verbraucher unverändert bleiben, ist ihre Anschaffungsneigung wieder vermehrt von Zurückhaltung geprägt. Als wenig überraschend bewertet der HDE den starken Anstieg der Inflationsrate im Juli: „Das ist wegen der Mehrwertsteuerabsenkung im letzten Jahr von allen Instituten so erwartet worden und in den deutlich niedrigeren Jahresprognosen zur Inflation auch längst enthalten“, so Haarke. Zur Wahrheit gehöre eben auch, dass die Inflation im vergangenen Jahr mit 0,5 Prozent extrem niedrig gelegen habe und Aufholeffekte daher völlig normal seien. Alle tarifgebundenen Unternehmen der Branche mussten im letzten Jahr unter teils schwierigsten wirtschaftlichen Bedingungen zudem eine Tariferhöhung von 1,8 Prozent an die Beschäftigten weitergeben. Haarke: „Damit haben die Beschäftigten im Einzelhandel im letzten Jahr trotz Corona einen erheblichen Reallohngewinn erwirtschaftet.“ Hinzu kommt, dass die meisten großen Handelsketten als Anerkennung für die besonderen Umstände während der Corona-Pandemie umfassende Corona-Prämien an ihre Beschäftigten ausgezahlt haben.